R a t h e n a u p l a t z



  Die Vertreter des weltberühmten Canaletto-Blicks müssen sich daran gewöhnen: Das historische Dresdner Panorama mit Semperoper, Brühlscher Terrasse, Schloß und Hofkirche hat am Rathenauplatz mit der neuen Synagoge - dem ersten Neubau eines jüdischen Gotteshauses in den neuen Bundesländern - ein zusätzliches, anderes Detail erhalten. Die 1838 bis 1840 von Gottfried Semper erbaute Synagoge am Hasenberg war in der berüchtigten "Reichskristallnacht" des 9. November 1938 von faschistischen Brandstiftern zerstört worden.

Rathenauplatz mit Blick auf die Frauenkirche im Hintergrund, rechts ist die jüdische Synagoge zu sehen. Auf der anderen Seite grenzt eine Wohnzeile an den Rathenauplatz. Verläßt man das Bild auf der rechten Seite, kommt der Besucher zum Pirnaischer Platz.

  Der massive Quader des Neubaus hält die architektonische Balance zwischen dem Albertinum - einem Renaissancebau - und dem Plattenhochhäusern entlang der St. Petersburger Str. Die neue Synagoge lebt im Gegensatz zum alten Semperbau von der Spannung zwischen beiden Teilen. Die aus Sandstein aufgetürmten Außenmauern orientieren sich nach den Plänen der Saabrücker Architekten Wandel, Hoefer, Lorch und Hirsch an Tempel der Klagemauer in Jerusalem. Das Bauwerk - eine dem Bauhausstil verpflichteten Bank -und Bürogebäude als Gegenüber - beherrscht jetzt den Rathenauplatz unmittelbar vor der Carolabrücke. Seine Kreuzung ist Schnittpunkt von St. Petersburger Straße, Akademiestraße und Pillnitzer Straße. Hier befinden sich auch die Haltestellen der Linien 3 (Wilder Mann - Coschütz), der Linie 7 (Weixdorf - Gorbitz) und der Linie 9 (Mickten - Prohlis). Auch die Buslinie 75 (Johannstadt - Goppeln) befährt den Rathenauplatz, hat aber hier keine Haltestelle.

Der Namensgeber für den Platz, Walther Rathenau (geb. 1867 und 1922 in Berlin von antisemitischen, rechtsradikalen Offizieren ermordet), war Industrieller und politiker, hat sich aber auch einen Namen als sozial, und kulturphilosophischer Schriftsteller gemacht. Weltbekannt wurde er als deutscher Außenminister, der den Rapollo-Vertrag zwischen Deutschland und der Sowjetunion 1922 unterzeichnete, der die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern normalisieren sollte. Mit diesem Dokument wurde auch der Verzicht beider Mächte auf Ersatz der Kosten und Schäden aus dem ersten Weltkrieg festgelegt und auch die Wirtschaftsbeziehungen beider Staaten miteinander geregelt. Walther Rathenaus Anspruch "Denken heißt vergleichen" wurde nach seinem Tod zum Leitfaden vieler Diplomaten.
Der Rathenauplatz liegt am altstädtischen Ende der Nord-Süd-Verbindung, existiert aber erst seit 1898 - damals zu Ehren der Königin Amalie Amalienplatz genannt. Er bildet den Übergang zur Carolabrücke, 1892 bis 1895 durch die Architekten Hermann Klette und K. Manck erbaut. Nach der Zerstörung durch amerikanische Bomber im Februar 1945 wurde von 1967 bis 1971 eine neue Elbüberquerung nach den Plänen von Eckart Thürmer, Rolf Berger und Michael Franke gebaut,  die den Namen Dr. Rudolf Friedrichs - erster Dresdner Oberbürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg - erhielt. Die Brücke ist 375 Meter lang und 32 Meter breit, die Höhe über der Elbe beträgt 13 Meter.

  Noch heute zieren den Rathenauplatz zwei mächtige Reiterplastiken der alten Carolabrücke. Diese "Brückenpferde" aus Sandstein entstanden 1907 in der Werkstatt Friedrich Offermann (1859-1913). Offermann war ein Schüler des Bildhauers und Plastikers E.J. Hähnel und schuf auch die Altargruppe  der Kreuzkirche, die Atlanten des Ständehauses und die allegorischen Sandsteingruppen vor der Carolabrücke.



(home)   (Dresden-Info)   (e-Mail)   (Weihnachten)  (Plätze der Stadt)